Gewerkschaft GPA-Teiber zu Raiffeisenverband: Arbeitnehmer:innen sollen Regierungsversagen ausbaden
Gewerkschaft GPA-Teiber zu Raiffeisenverband: Arbeitnehmer:innen sollen Regierungsversagen ausbaden
Utl.: Forderung nach Lohnverzicht zeugt von wirtschaftspolitische Fantasielosigkeit
Wien (OTS) - „Dass laut Raiffeisenverband nun die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer die schlechte Wirtschaftslage ausbaden sollen, ist eine Chuzpe“, kommentiert Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, die Forderung nach Kollektivvertragsabschlüssen „unter, maximal auf dem Inflationsniveau“. ++++
„Es zeugt von wirtschaftspolitischer Fantasielosigkeit, jetzt Lohnverzicht zum Allheilmittel gegen strukturelle Probleme zu erklären. Für Österreich als Land mit starker Investitionsgüterindustrie sind Fachkräfte zum Erhalt der hohen Produktqualität essenziell. Im Bereich der Löhne und Gehälter wird Österreich Gott sei Dank niemals mit Fertigungsorten wie China oder Indien schritthalten können. Was es braucht, sind Investitionen in Infrastruktur sowie Forschung und Entwicklung“, erklärt Teiber.
„Hintergrund der hohen Gehaltsabschlüsse des letzten Jahres war die gewaltige Inflation, die die Regierung zu verantworten hat. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lassen sich dafür nicht den schwarzen Peter zuschieben. Wohnen, Essen und Heizen wird immer teurer. Als Gewerkschaft werden wir die Beschäftigten damit nicht einfach alleine lassen. Die Inflation bleibt Ausgangslage der Verhandlungen“, so Teiber.
Rückfragehinweis:
Gewerkschaft GPA - Öffentlichkeitsarbeit
Daniel Gürtler
Telefon: 0676/817 111 225
E-Mail: daniel.guertler@gpa.at
Raiffeisenverband ruft zu Mäßigung bei KV-Abschlüssen auf
Utl.: ÖRV-Generalsekretär Rehulka: Brauchen Lohnabschlüsse maximal auf Inflationsniveau - Raiffeisen Research sieht Österreich als "kranken Mann Europas" =
Wien (APA) - Österreich ist beim Wirtschaftswachstum "der kranke Mann Europas", sagt der Leiter von Raiffeisen Research, Gunter Deuber. Ein wesentlicher hemmender Faktor seien die hohen Lohnkosten. Nach Ansicht von Johannes Rehulka, Generalsekretär des Raiffeisenverbandes, sollten deshalb die Abschlüsse bei den Ende Oktober beginnenden KV-Verhandlungen "unter, maximal auf dem Inflationsniveau" liegen.
Der Wirtschaftsstandort Österreich habe viele Stärken, sagte Rehulka am Montag bei einem Pressegespräch in Wien: Das seien eine sehr gute Infrastruktur, gut ausgebildete Arbeitskräfte, ein verlässlicher Rechtsrahmen und auch die geographische Lage. Allerdings habe Österreich auch die vierthöchste Steuer- und Abgabenquote in ganz Europa, im internationalen Vergleich sehr hohe Lohn- und Energiekosten und ein Problem mit der Bürokratie. "Wir sind im zweiten Rezessionsjahr in Österreich, das hat es so in der Nachkriegsgeschichte noch nicht gegeben." Österreich sei in Europa auch Schlusslicht beim realen BIP-Wachstum pro Kopf.
Europa habe generell ein Wachstumsproblem, aber speziell Österreich sei "der kranke Mann Europas", sagte Deuber. "Wir werden aller Voraussicht nach erst 2026 wieder das BIP-Niveau von 2022 erreichen."
Ein Grund dafür seien "extrem hohe Kollektivvertragsabschlüsse", sagt Rehulka, der für die Banken die KV-Verhandlungen Ende März leiten wird. "Gerade seit zwei Jahren, seit 2022, hat sich diese österreichische Logik, dass man die Inflationsrate aus dem Vorjahr als wesentliches Kriterium für die KV-Erhöhungen festlegt, leider fortgesetzt. Das hat zu Wachstumsraten von über 20 Prozent geführt in den vergangenen zwei Jahren, und ist natürlich für Investoren und auch für Unternehmen mäßig attraktiv."
Die Arbeitsstunden pro Kopf und die Produktivität würden in Österreich sinken und bei den Investitionen sehe man aktuell eine große Zurückhaltung - nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei den Privaten. "Die Privaten wurden ganz stark gefördert in den vergangenen Jahren, mit unterschiedlichsten öffentlichen Förderprogrammen - das schlägt sich überhaupt nicht im Konsum nieder." Stattdessen steige die Sparquote weiterhin stark.
Kurzfristig brauche man für Unternehmen deshalb klare Investitionsanreize. Eine Investitionsprämie in moderatem Ausmaß, zum Beispiel 7 Prozent, wäre sinnvoll und könnte das Wachstum unterstützen, meinte Deuber. Kurzfristig auf eine radikale fiskalische Konsolidierung ohne strukturelle Maßnahmen zu setzen, mache hingegen keinen Sinn. Dennoch gebe es auch Einsparungspotenzial, sagte Rehulka. So gebe es bei den Förderungen "einen Bauchladen an Förderungen, die man sich genau anschauen muss." Als Beispiel nannte er den Klimabonus, der "undifferenziert" ausbezahlt werde.
Ein besonderer Bereich sei die Baubranche, die sich seit zwei Jahren in der Krise befinde. Im Frühjahr habe die Regierung ein Konjunkturpaket für den Wohnbau in Höhe von rund 2 Mrd. Euro beschlossen - "ein sinnvolles Programm zum richtigen Zeitpunkt", so Rehulka. Allerdings sei der Wohnbau Bundesländer-Materie und das Paket komme nur langsam ins Laufen, weil einzelne Bundesländer - Wien und Kärnten - es noch nicht umgesetzt hätten. Außerdem brauche man bessere Rahmenbedingungen für Immobilienfinanzierungen: Die KIM-Verordnung, deren Ziel, eine Immobilienblase zu verhindern, schon lange erreicht worden sei, gelte noch immer. Überdies habe das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) am Donnerstag zusätzliche Kapitalpuffer für Gewerbeimmobilien-Finanzierungen empfohlen. "Wir sind sehr stark der Ansicht, dass diese Maßnahmen zum falschen Zeitpunkt kommen."
Langfristig brauche man eine Senkung der Lohnsteuern und der Lohnnebenkosten sowie eine Steigerung der Produktivität und der Vollzeitarbeit, sagte Rehulka. Eine Schuldenbremse wie in der Schweiz oder in Schweden sollte sich am BIP-Wachstum orientieren.